Gelungener Jahresabschluss mit „Better Lametta!“

Varieté Et Cetera in Bochum

Gelungener Jahresabschluss mit „Better Lametta!“ in Bochum

Weihnachtsdekoration oder winterliche Accessoires sucht man vergeblich bei „Better Lametta!“. Allein der Titel weist darauf hin, dass dies das Winterprogramm des Bochumer Varieté et cetera sein muss, das seit 1999 sein festes Domizil im Ruhrgebiet gefunden hat. Zuvor tourte man als reisendes Zeltvarieté sieben Jahre lang von Ort zu Ort.

„Zu Anfang des Jahres weilten Alexandra und Angelina noch in der Ukraine, wo sie die Artist:innenschule in Kiew besuchten." (Foto:Hector Ruiz Golobart)

Viele der Künstler:innen der aktuellen Show waren noch nicht einmal geboren, als das Varieté seinen Spielbetrieb vor dreißig Jahren aufnahm. Nur zwei Mitglieder des Ensembles sind älter als das Theater, weist der für reichlich Amüsement sorgende Moderator Klaus Renzel das Publikum hin: „Und einer davon bin ich.“ Vielleicht einer der Gründe, weshalb sich „Better Lametta!“ mit so viel Schwung und Elan präsentiert.

Mit gerade einmal 18 Lenzen sind Alexandra und Angelina die Küken des Casts. Zu Anfang des Jahres weilten die beiden jungen Frauen noch in der Ukraine, wo sie die Artist:innenschule in Kiew besuchten. Bei ihrer anmutigen Kontorsionsdarbietung vergessen alle im Saal das Leid, das in ihrem Heimatland derzeit herrscht. Stattdessen kommt großes Staunen auf ob der Verbiegungskünste der jungen Ukrainerinnen, die in diesem Jahr mehrere Preise bei internationalen Nachwuchswettbewerben einheimsen konnten.

Charakteristisch für ihre Aufführung ist das Einweben von Handstandelementen: Während Alexandra in einer Backbending-Figur auf dem Bauch liegend ihren Oberkörper nach hinten beugt, so dass sich ihr Kopf zwischen ihren Füßen befindet, zieht sich Angelina an der Hüfte ihrer Partnerin in die Handstandposition hoch und krönt das Ganze mit einem Spagat. Alles begleitet mit einem herzerfrischenden Lächeln, das alles so mühelos ausschauen lässt.

Nur ungleich älter, dennoch erfahrener wirkend ist die 1999 geborene Rachel Belle Barum. Mit ihrem Trapeztanz voller Grazie zieht die Tochter der aus der Fernsehserie „Lindenstraße“ bekannten Schauspielerin Rebecca Simoneit Barum die Zuschauer:innen in ihren Bann. Scheinbar schwerelos verknüpft die Akrobatin die einzelnen Figuren ihrer Performance, untermalt von den Klängen der Ballade „Still Got The Blues (For You)“, zu einem sinnlichen Bewegungsablauf, der mit einer rasanten Pirouette mit dem Nacken in einer Schlaufe hängend, sein glanzvolles Ende findet.

Ein subtiles Liebesspiel zelebrieren Johann Prinz und Katharina Natascha an den Strapaten. Magnetisch finden ihre Körper zusammen, geben sich Halt, umschlingen sich und führen dabei größte Kraftanstrengung verlangende Varianten an den Strapaten aus. Man kann es deutlich spüren, dass die beiden Artist:innen privat ein Paar sind.

Der jüngste männliche Künstler ist 18 Jahre alt und stammt wie die beiden Kontorsionsartistinnen aus der Ukraine. Auf dem Schlappseil brilliert Alexey Glavatskiy durch seine Balancierfähigkeiten, indem er sich nicht nur auf einem auf dem Seil stehenden Stuhl setzt, sondern sich währenddessen noch Plastikblumentöpfe zuwirft, die er mit dem Kopf auffängt und dort übereinanderstapelt.

In einer weiteren Nummer mit einem beleuchteten Cyr Wheel fließen in seine äquilibristischen Künste noch optisch eindrucksvolle Lichtelemente ein, begleitet von technoiden Sounds. Interessante Lichteffekte bringt auch Ezra Veldmann in seine Diaboloshow ein, in der er mit vier Diabolos gleichzeitig spielt.

„Nur zwei Mitglieder des Ensembles sind älter als das Theater, weist der für reichlich Amüsement sorgende Moderator Klaus Renzel das Publikum hin: Und einer davn bin ich." (Foto: Olli Haas)

Die Dynamik setzt sich im Programm fort mit der Performance von Oleksii Filippov. Am Chinese Pole beweist er vollkommene Körperbeherrschung. Allein mit den Händen sich am Mast festhaltend, legt er sich horizontal in eine Flagge und ruft erschrecktes Aufschreien im Publikum hervor, als er mit hoher Geschwindigkeit kopfüber dem Boden zurast und erst kurz vor dem möglichen Aufschlagen sein Fallen abrupt bremst.

Zum Gelingen der von Hausregisseur Sammy Tavalis mit Esprit inszenierten Show trägt Nikita Boutorine mit einer selbstironischen Jonglage bei, die neben der Moderation von Klaus Renzel den humoristischen Teil von „Better Lametta!“ ausmacht. Leicht großspurig, aber im gleichen Moment liebenswürdig, prahlt er mit seinen Fähigkeiten, selbst wenn er nur mit einem Ball jongliert.

Dass er tatsächlich ein Meister seines Metiers ist, erkennt jeder im Publikum beim Finale seiner Nummer: Gekonnt lassen seine Hände eine Machete, eine Axt und ein Hackmesser in der Luft kreisen und Nikita kann sich dabei sogar cool um die eigene Achse drehen, ohne dass nur ein Gegenstand auf den Boden fällt.

Fazit: Ein Besuch der Winter-Show im Varieté et cetera ist absolut lohnenswert und garantiert 90 Minuten abwechslungsreiche Unterhaltung, die keine Langeweile aufkommen lässt und in der kalten Jahreszeit allerlei herzerwärmende Momente verschafft.

Georgios Psaroulakis

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