Katapult & „Café de Profundis“ sind Geheimtipps

Katapult Berlin

Katapult & „Café de Profundis“ sind Geheimtipps

Es ist ein intimes Stück. Für die Aufführung von Ofelia Greys Café de Profundis“ ist eine kleine Bühne wie das Berliner Katapult ein passender Ort. Hier kommen sich Publikum und Darstellerin sehr nah. Das aufgeführte Stück ist wie das Katapult ein Geheimtipp.

Katapult Berlin
"Surreal, unwirklich, phantastisch ist die Aufführung, die die 27-jährige Künstlerin Ofelia Grey allein ausfüllt." (Foto: Turlach O Broin)

Da ist der Barista Sébastien, der nicht hervorkommt und nicht einmal antwortet. Da ist der Espressokocher, der spricht und genau weiß, welche Worte quälen. Da ist die Erinnerung an den imaginären Freund aus Kindertagen.

Im Stück „Café de Profundis“ drängt sich die vorgestellte Welt aus den Tiefen der Psyche hinein in die reale Welt. Surreal, unwirklich, phantastisch ist die Aufführung, die die 27-jährige Künstlerin Ofelia Grey allein ausfüllt.

Für das Publikum gibt es am Sonntag (21.9.) im Berliner Katapult keine schützende Trennung zwischen Bühne und Stuhlreihen. Man sitzt nicht vor der Bühne, sondern auf einfachen Brettern dicht am Spiel, beinahe auf der Bühne.

Ganz nah dran an der Künstlerin sind die Zuschauer:innen in Berlin Oberschöneweide. Ofelia Grey schlüpft mehr als 60 Minuten lang mittels Masken und wechselnder Kostüme in verschiedene Rollen, die doch nur verschiedene Seiten ein und derselben Figur sind.

Da ist die Clocharde im schwarzen Mantel, die Faxenmacherin mit der überroten Nase, da ist das stammelnde Kind und da ist die weiße Ritterin. All diesen Rollen (oder all diesen Erscheinungen derselben Figur) ist gemeinsam, dass sie getrieben sind, alles andere als stark wirken.

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"Ofelia Grey schlüpft mehr als 60 Minuten lang mittels Masken und wechselnder Kostüme in verschiedene Rollen, die doch nur verschiedene Seiten ein und derselben Figur sind." (Foto: Turlach O Broin)

Café de Profundis“ ist eine Mischung aus Bewegungstheater (physical theatre), Jonglage und Puppenspiel. Mal spricht die in Litauen geborene Ofelia Grey wie im klassischen Theater (englischsprachige) Monologe, mal treibt sie die Geschichte mit geräuschvoller Pantomime voran. Mit Glucksen, Blubbern, kehligem Lachen und Stöhnen entsteht ein wortloses, aber nicht leises Theater. Und auch der Sound entwickelt die Handlung. Martha Theuma hat die Musik für das Stück maßgeschneidert. Ofelia Grey sagt, die Musikerin habe das Stück verstanden hat und ihre Tonkunst exklusiv für die Szenen erschaffen. Das ist zu hören.

Das Stück ist A surreal portrait of a circus artist“, heißt es in der Eigenbeschreibung des Stückes. Es ist ein Porträt, das die Seele, das Innenleben zeichnet. Ängste, Verdrängtes, Unsicherheiten stehen ungeschützt im Scheinwerferlicht. Es ist eine Show, die extra für kleine Bühnen geschrieben worden zu sein scheint. Für Häuser wie das Katapult, in dem sich die Zuschauer in der ersten und der letzten Reihe die Hände reichen können.

Produziert haben „Café de Profundis“ Ofelia Grey und Peter Sweet. Vor einem Jahr hatte die Jongleurin die Idee zu dem Stück und wollte es zunächst allein auf die Beine stellen. Doch dann traf sie auf den Regisseur, Lehrer und Rollenspieler Peter Sweet.

„Oh yes, it was a good idea to work with him as a director“ (Oh ja, es war eine gute Idee, mit ihm als Regisseur zu arbeiten), sagt Ofelia Grey rückblickend über die Impulse, die Peter Sweet dem Stück gegeben hat. Beide sagen, dass sie „Café de Profundis“ gemeinsam entwickelt haben. Für die zweiwöchige Endphase der Proben haben sie Räume des Katapults genutzt. Intention sei, das Stück jetzt auch an anderen Orten zu präsentieren, sagt Peter Sweet.

"Das Stück ist ein Porträt, das die Seele, das Innenleben zeichnet. Ängste, Verdrängtes, Unsicherheiten stehen ungeschützt im Scheinwerferlicht." (Foto: Turlach O Broin)

Die Wahl für die Uraufführung fiel auf das Katapult. Das liegt in einem Stadtteil, der dem äußeren Anschein nach auch 30 Jahre nach dem Zusammenbruch der DDR-Industrie zurückgeworfen wirkt. Doch es tut sich etwas in der ehemaligen Fabrikstadt der AEG. In dem Überfluss an Industriehallen in Oberschöneweide existiert Raum für urbane Kreativität.

Das Katapult hat in eine dieser Hallen einen säulenfreien Probensaal eingebaut. Angeboten werden Workshops für Artistik und für das Publikum gibt es eine Reihe, die schlicht Kabarett heißt. Hier bekommen unterschiedliche Zirkuskünstler Gelegenheit, öffentlich aufzutreten.

In unregelmäßigen Abständen zeigt das Katapult  Shows von Kompanien oder Einzelkünstlern. Noch ist der Ort ein Geheimtipp. Aber vielleicht wird er einmal ein bekannter kleiner, aber feiner Club für Aufführungen wie „Café de Profundis“, bei denen die Nähe zwischen Zuschauer:innen und Akteur:innen entscheidend ist.

Andrei Schnell