„Jimmy“ - Eine tragische Tragödie über Männlichkeit von Richard Kimberley
mit Richard Kimberley
„Jimmy – A Ridiculous Tragedy“ - Eine tragische Tragödie über Männlichkeit von Richard Kimberley
Richard Kimberley ist ein Mann und macht eine Show, in der über Männer gelacht wird. Zumindest über bestimmte Typen von Männern. „Jimmy – A Ridiculous Tragedy“ ist eine Einladung zum lachenden Nachdenken über Männlichkeit. Unterhaltung mit Überlegung.
„Jimmy – A Ridiculous Tragedy“ ist eine Anleitung für Männer, sich erfolgreich lächerlich zu machen. Richard Kimberley führt in rund anderthalb Stunden den Haudrauf-Typen, den Frauenhelden, den Schnösel, den Esoteriker, den Schaukelstuhl-Diktator und nicht zuletzt das verwirrte, aus der Bahn geworfene und unsichere Männlein vor. Sehr zur Freude der Frauen – aber auch der Männer! –, die am 16. November ins Zelt des Circus Schatzinsel in Berlin-Kreuzberg kamen.
Das Stück ist gut durchdachte Comedy, aber auch eine Herausforderung. Für Richard Kimberley. Denn er steht allein in der Manege, ohne unterstützende Soundeffekte, ohne Lichtmagie, ohne Kostüme und Requisiten (abgesehen von einer altmodischen Pfeife, die nur in wenigen Momenten kurz zum Einsatz kommt). Richard Kimberley würde diese Beobachtung vielleicht mit der Bemerkung kommentieren: „Bin ich etwa nicht lächerlich genug?“.
Schon nach wenigen Minuten lachen die Zuschauer:innen und hören damit erst nach gut anderthalb Stunden wieder auf. Ausgelacht wird nicht der Mann an sich, sondern die Masken, das Gebaren und die Verhaltensweisen der Männer, wenn sie versuchen, die unmögliche Aufgabe zu schaffen, ein „richtiger Mann“ zu sein. Dabei gelingt es Richard Kimberley, stets auf dem schmalen Pfad des erhellenden Lachens vorwärts zu balancieren.
Das Stück war Teil des Programms von „Zeit für Zirkus“, dem bundesweiten Festival für zeitgenössischen Zirkus. Nun ist Richard Kimberley Pantomime, Spoken-Word-Künstler, Beatboxer, Stimmmodulator, Impro-Schauspieler – aber macht er Zirkus? Er stutzt kurz bei dieser Frage und sagt dann, er glaube, er sei zu „Zeit für Zirkus“ eingeladen worden, weil er ein Clown ist. Und das ist er tatsächlich, ein gewitztes Kerlchen. Er stellt lächerliche Typen dar und sagt dann: So bin ich natürlich überhaupt nicht.
Das Wort lächerlich taucht auch im Titel des englischsprachigen Stücks „Ridiculous Tragedy“ (Lächerliche Tragödie) auf. Richard Kimberley will damit sagen, dass bei schwierigen Themen nicht ausschließlich ernsthafte Betrachtungen, sondern nicht selten das gemeinsame Lachen zur Lösung beiträgt. „Für mich gibt es nichts Schöneres“, sagt Richard Kimberley, „als wenn es Menschen gelingt, über ernste Probleme auch mal zu lachen.“
Und Männlichkeit ist so ein ernstes Problem. Oft genug für die Männer selbst. Das Lachen während der Show beweist, dass alle wissen, was einen Mann nicht ausmacht. Doch bei der Frage, was es dann nun sei, was einen Mann ausmacht, verschlägt es dann doch dem einen oder anderen Zuschauer die Sprache.
„Bist du ein Mann? Was macht dich zu einem Mann?“, fragt Richard Kimberley in der Rolle des Muttersöhnchens Jimmy einen Mann aus dem Publikum. Eine gute Frage, die schwer zu beantworten ist, denn sie lautet ja nicht: Was macht dich zum Menschen? Oder: Was macht dich zum Ehemann? Sondern – scheinbar – einfach: Was macht dich zum Mann?
Im anschließenden Publikumsgespräch sprach der Zuschauer aus, warum sich die Frage für ihn merkwürdig angefühlt hatte: „Ich dachte, wie kann ich auf die Schnelle bloß etwas Kluges sagen?“ Das hätte der passende Moment sein können, dass Richard Kimberley ihn in seinen Clown-Workshop „The Male Idiot“ einlädt. Motto dieses Workshops ist der Spruch: „Der Clown sagt: Verstehe wenig und fühle viel! Das Patriarchat sagt: Verstehe viel und fühle wenig! An diesem Punkt gibt es für dich etwas zu lernen.“ Doch Richard Kimberley lässt diesen Moment für sich stehen, schmunzelt nur.
Andrei Schnell