Monsieur Momo

Künstler des Monats

Künstler des Monats März 2022

Der Künstler des Monats im März 2022 ist Timo Lesniewski, der als Monsieur Momo die Bühnen und Manegen des Landes bereist. Im Interview erzählt er von seinen frühen Anfängen im eigenen Garten und wieso seine Eltern ein Zirkuszelt abbauen mussten. Zudem erzählt Timo, wie er und seine Rolle als Monsieur Momo zueinander stehen und was er an seiner Rolle am meisten schätzt. Wieso er die Arbeit als Klinikclown niemals aufhören würde und wie ihn das Hochstapler-Syndrom beeinflusst – jetzt im Interview des Monats. In unserer Rubrik „Künstler:in des Monats“ stellen wir regelmäßig eine Person aus der deutschen Zirkusszene vor. In Interviews stellen diese ihre Arbeit vor, sprechen über ihre Leidenschaft und teilen ihre Erfahrungen.

Monsieur Momo
Monsieur Momo (Foto: Monsieur Momo)

Steckbrief

Name: Monsieur MomoTimo Lesniewski

Wohnort: Nienburg Weser

Jahrgang: 1995

Ausbildung: 
Staatlich anerkannte Ausbildung zum Darsteller für Clown und Komik, Tanz- und Theaterschule (TuT) Hannover

Schwerpunkt: Clown, Komik

Auftrittswunsch: Cirque du Soleil, Cirque Bouffon

Meine Passion: 
„Ich möchte mehr Gefühle und Liebe in die Welt transportieren.“

Kontakt
Website Instagram

Interview

Du postest in den Sozialen Netzwerken häufig Bilder aus deiner Kindheit von Zirkusaufführungen in deinem Garten. War dir schon immer klar, dass du auf die Bühne möchtest?
Timo: Mich zog es schon immer sehr zum Zirkus hin, ich malte Plakate und lud Nachbarschaft zu meinen Vorstellungen ein. Den Garten baute ich zwar häufig zur Manege um, dachte aber als Kind nie konkret über eine Zirkus-Karriere nach, da ich ja aus keiner echten Zirkusfamilie stamme. Ich sah mir sehr gerne Vorstellungen als Zuschauer an, fühlte mich aber nicht wie einer von ihnen. Woher meine Begeisterung stammt, weiß ich bis heute nicht. Seitdem ich denken kann, bin ich fasziniert von Zirkuszelten, Zirkuswägen und den vielen bunten Lichtern.

Meine Eltern nahmen meine Begeisterung für den Zirkus und die Bühne als eine Phase wahr, die wieder vergehen wird. Als ich meiner Leidenschaft mit 18 Jahren immer noch nachging, wurde meinen Eltern erst so richtig bewusst, dass ich es ernst damit meinte.

Wenn der Zirkus in meiner Heimatstadt Neuss war, habe ich mich immer mit den Artist:innen angefreundet. Einmal, im Alter von acht Jahren, bot der Zirkus mir Freikarten für eine Vorstellung an, wenn ich im Gegenzug mit meiner Familie beim Abbau helfen würde. Kein Problem dachte ich mir. Meine Eltern wussten allerdings noch nichts von ihrem Glück.

Wie bist du an die Clowns-Ausbildung an der Tanz- und Theaterschule (TuT) in Hannover gekommen?
Timo: Nach der Schule versuchte ich mich zwei Jahre lang an einem Studium der Sozialpädagogik. Relativ schnell merkte ich, dass ich ein Mensch bin, der nicht in Formen und feste Strukturen passt. Irgendwann lag in meinem Briefkasten ein Flyer von der Clown-Schule Hannover mit dem Titel: „Lass deinen Traum wahr werden.“ Bis zu diesem Moment wusste ich nicht, dass es diese Option einer Ausbildung zum Clown im regionalen Umfeld gibt. Dementsprechend lief dann alles sehr schnell und mein angefangenes Studium war Geschichte. Bevor ich mich überhaupt für die Ausbildung anmeldete oder mir Gedanken über die Finanzierung machte, hatte ich mich bereits exmatrikuliert. Es gab keinen Plan B mehr. Erfreulicherweise bestand ich das Auswahl-Treffen, und schon befand ich mich mitten in der zweijährigen Vollzeit Ausbildung zum Clown.

Ist es für dich aus heutiger Sicht von Bedeutung, dass die Ausbildung staatlich anerkannt ist?
Timo: Die Anerkennung war für mich nicht wichtig, sonst hätte ich an eine internationale Clown-Schule gehen müssen. Für mich war die Ausbildung der sichere Boden für meinen Entschluss, einen komplett neuen Weg einzuschlagen. Durch die Inhalte und Vernetzungen in der Ausbildung fand ich zu meinem Clown, mit dem ich heute erfolgreich bin. Die staatliche Anerkennung ist sekundär.

Monsieur Momo
Erste Manege im eigenen Garten (Foto: Monsieur Momo)

Wie ist deine Rolle Monsieur Momo entstanden?
Timo: Es ist so schwer ein Clown zu sein, weil das bist du selbst. Dadurch ist es einerseits so leicht und andererseits auch so schwer. Die ganze Rolle ist ein Teil von mir, es gibt das Bühnen-Ich und mein privates Ich. Wenn ich mich privat durch traurige oder schöne Erlebnisse weiterentwickle, dann passiert das auch mit meinem Bühnen-Ich. Ganz viel entsteht aus mir heraus, aus meinem Herzen. Das ist es auch, was das Publikum an Monsieur Momo gefällt: „Wir haben noch nie einen so echten Clown erlebt, wie dich.“ Früher wollte ich ursprünglich unter meinem eigenen Namen auftreten. Aber Timo Lesniewski kann man sich nicht so gut merken und klingt nicht nach einem Clown.

Das heißt, es wird von dir keine weiteren Rollen außerhalb von Monsieur Momo geben?
Timo: Genau, das ist meine Rolle. Ich kann ein anderes Kostüm anziehen oder andere Requisiten nutzen, bleibe aber in der gleichen Rolle. Deswegen werde ich auch niemals als Schauspieler arbeiten können.

Was macht ein klassisches Stück von Monsieur Momo aus?
Timo: Ich spreche ganz wenig und arbeite viel mit Mimik und poetischen Momenten auf der Bühne. Ich versuche, ganz allgemein formuliert, dass mein Publikum immer mit mehr im Herzen nach Hause geht, als es gekommen ist. Ich mag es, wenn die Leute auch noch nach zwei Wochen an Momente der Vorstellung zurückdenken. Häufig erzählen mir Menschen, dass sie normalerweise große Angst vor Clowns haben, diese bei mir aber zum ersten Mal gar nicht hatte. Das freut mich immer sehr.

Zirkuszelt, Straßentheater, Varietés – Welche Auftritte liegen dir am meisten?
Timo: Was mich erdet ist die Arbeit als Klink-Clown. Das möchte ich niemals missen. 2018 habe ich das erste Mal in einem großen Zirkus gespielt, das hat mich schockverliebt. Auch die Auftritte im Weihnachtszirkus möchte ich nicht missen. Am meisten schätze ich die Auftritte im großen Zirkuszelt und die Arbeit als Klinik-Clown. Das eine beflügelt mich, das andere erdet mich. Zwei sehr unterschiedliche Bereiche, die sich für mich perfekt ergänzen.

Monsieur Momo
Momo als Klinik-Clown (Foto: Monsieur Momo)

Bist du ein klassischer Clown?
Timo: Viele würden darauf mit „Nein“ antworten, weil mir die rote Nase fehlt. Ich würde trotzdem sagen, dass ich ein klassischer Clown bin. Ob ein klassischer Clown eine rote Nase haben muss, darüber lässt sich diskutieren. Ein Komiker bin ich auf jeden Fall nicht. Zu Beginn meiner Ausbildung hatte ich immer eine Clowns-Nase an. Als ich die rote Nase irgendwann weggelassen habe, wurde ich trotzdem noch als Clown erkannt.

Machst du klassischen Zirkus?
Timo: Meine Nummern sind auf jeden Fall klassisch, haben gleichzeitig aber auch moderne, junge Elemente. Dennoch sind meine Nummern wohl dem klassischen Zirkus zuzuordnen.

Du arbeitest regelmäßig in Krankenhäusern als Klinik-Clown.
Timo: Das ist faszinierend. Wenn ich sage, dass ich Clown bin, kommen immer viel Nachfragen. Wenn ich erzähle, dass ich Klink-Clown bin, haben alle sofort Bilder im Kopf. Was mich als Klinik-Clown motiviert: Wenn ich nicht da wäre, würde das Lachen auf der Station fehlen. Häufig sind Eltern berührt, weil sie ihre Kinder endlich mal wieder mit einem Lachen im Gesicht sehen. Mit dem Leid werde ich eher wenig konfrontiert, da es ja meine Aufgabe ist, Spaß und Freude möglichst sensibel zu verbreiten. Ich erlebe in den Patientenzimmer etwas Schönes und Positives. Wie vorhin bereits erwähnt, erdet mich diese Arbeit total. Das bringt mich von meinem Hoch im Rampenlicht auf der Bühne wieder herunter. Auch wenn das für viele Menschen im ersten Moment vielleicht widersprüchlich klingt, fahre ich nach einem Krankenhausbesuch mit einem Glücksgefühl nach Hause.

Verändert dich die Arbeit als Klinik-Clown?
Timo: Ja im positiven Sinne. Die Arbeit erdet mich persönlich als Timo. Auch als Monsieur Momo entwickle ich mich weiter: Vor jedem Zimmer stehe ich vor der Tür und weiß nicht, was mich erwartet. In jedem Patientenzimmer ist Improvisation aufs Neue gefragt. Das hilft mir sehr bei Auftritten auf der Straße oder in großen Manegen.

Monsieur Momo
(Foto: Monsieur Momo)

Mittlerweile bist du an der Clown-Schule Dozent, an der du selbst deine Clown-Karriere begonnen hast. Wie fühlt sich das für dich an?
Timo: Ich finde das total cool. Meine Zeit ist noch sehr präsent, sodass ich noch genau weiß, wie man sich als Schüler:in fühlt. Gleichzeitig komme ich aus der Praxis, was mir hilft, auch neue Impulse, die mir in meiner eigenen Ausbildung gefehlt haben, einzubringen. Die Clown-Schule spielt in meinem Leben eine sehr zentrale Rolle, weshalb diese Institution auch unbedingt erhalten bleiben soll. Durch meine Tätigkeit als Dozent trage hierzu bei.

Du hast vor einiger Zeit in deiner Instagram-Story einen Beitrag über das Hochstapler-Syndrom geteilt und konntest dich damit identifizieren.
Timo lachend: Haha, ja das stimmt. Ein Beispiel: Als ich einen Nebenjob im Kino hatte, verkaufte ich Popcorn und reinigte den Saal nach der Vorstellung. Da sah ich, was ich tat. Wenn ich als Clown auf die Bühne gehe, spiele ich mit Emotionen. Diese Emotionen spürst du zwar, aber du siehst sie nicht. Deswegen fühlt es sich für mich immer an, als würde ich irgendwie schummeln. Im Laufe der Zeit wurden die Auftritts-Locations immer größer und ich habe nur darauf gewartet, dass ich auffliege und es heißt: „Dein Erfolg ist nur geschummelt“. Irgendwann habe ich akzeptiert, dass nicht alle auf mich hereingefallen sein können und ich vielleicht doch ein Talent habe.

©ZirkusPlus, März 2022

Monsieur Momo „Magic“ im GOP Varieté Theater Hannover

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