„Luna und der Zitronenbaum“ begeistert junges Publikum
Zeitgenössischer Zirkus für Kinder
„Luna und der Zitronenbaum“ begeistert junges Publikum
Lassen sich Kinder für Zeitgenössischen Zirkus begeistern? Das Berliner Katapult hat mit „Luna und der Zitronenbaum“ ein Stück geschaffen, in dem Kinder den Zeitgenössischen Zirkus kennenlernen können.

Kann ein rund 90 Jahre altes Musikmärchen ein Vorbild sein, um Kinder für den zeitgenössischen Zirkus zu begeistern?
Um das Musikverständnis bei Kindern zu schulen, komponierte und textete Sergei Prokofjew 1936 das Stück „Peter und der Wolf“. So wie der Klassiker der Kindermusik anhand eines Märchens zeigt, wie Instrumente klingen und welchem Zweck musikalische Motive dienen, so führt auch die Show „Luna und der Zitronenbaum“ Kinder an Ausdrucksformen des zeitgenössischen Zirkus heran.
Am 15. und 16. November hatte das Kinderstück Premiere im Berliner Katapult. Es gehörte zu den wenigen Aufführungen beim bundesweiten Festival „Zeit für Zirkus“, die sich speziell an Kinder richteten. Der Erfolg von
„Luna und der Zitronenbaum“ zeigt, dass zeitgenössischer Zirkus für Kinder attraktiv ist. „Luna und der Zitronenbaum“ beginnt mit einem Erzähler, der auf Stelzen auf die Bühne schreitet und aus einem dicken Buch vorliest.
Die vorgetragene Geschichte ist eine Hilfe für die jungen Zuschauer:innen. Die Erwachsenen können die Handlung auch ohne diese Unterstützung erfassen. Doch durch die begleitende Erzählung werden die Kinder indirekt darauf aufmerksam gemacht, dass Bewegungen und Kunststücke auf der Bühne nicht einfach so passieren, sondern einen Sinn vermitteln.

„Luna und der Zitronenbaum“ hat mit Rücksicht auf die Zielgruppe Kinder im Kita- und Grundschulalter eine einfache Handlung. Wie in einem Märchen gerät Luna in eine Zauberwelt, begegnet dem Zitronenbaum, dem Kobold und den Glühwürmchen.
Ebenfalls wie in einem Märchen wird Luna – und damit den zuschauenden Kindern – eine Moral mit auf den Weg gegeben. Sie lautet: Teilen hat sein Gutes. Stark ist das Stück immer dann, wenn sich Dinge direkt aus der Geschichte ergeben. Kompliziert wird es für die Kinder immer dann, wenn sie unvermittelt einen Lehrsatz hören. Zum Beispiel: Unordnung ist wichtig für den Wald.
Im Gegensatz zu Kindern mögen Erwachsene das Komplexe. Lustvoll können sie sich zum Beispiel mit der Frage beschäftigen, ob es sich bei „Luna und der Zitronenbaum“ um ein Theaterstück, eine Zirkusaufführung oder ein Zirkusmärchen handelt.
Kinder sind derweil mit der Frage beschäftigt, ob auf der Bühne gerade der angekündigte Kobold zu sehen ist oder ob dort ein Bär oder eine Katze herumtollt. Sie können auch nicht einschätzen, wie schwierig es für die Akrobatin ist, an ihrem auf Stelzen stehenden Partner bis hoch hinaus zur Bühnendecke zu klettern (wo die schönsten Zitronen hängen). Dafür merken sie genau, dass das komisch aussieht. Und sie sind begeistert, wenn der Erzähler sie direkt fragt, ob sie denn auch teilen? Da wenige Tage vor der Aufführung der St. Martin war, konnten die meisten von ihnen rufen: „Ja, ich teile den Martinskeks“.

Dass es im jungen Publikum lebhaft wird – und das nicht nur bei direkten Fragen – das ist von den Künstler:innen gewollt. So sei es bei der Aufführung für Kitas (15.11.) im positiven Sinne deutlich lauter gewesen als in der Vorstellung für Familien (16.11.), sagt Kerstin Oschabnig. Sie spielt in dem Stück die Rolle der Luna. Aber auch am Familientag kamen nicht wenige Kinder zusammen mit ihren Freunden (und deren Eltern).
Auf die Frage, was ihnen gefallen hat, fallen ihnen die Figuren ein. „Der Kobold, weil er so wild war.“ Oder: „Die Glühwürmchen, weil sie so schön geleuchtet haben“.
Die Aufführung am 16. November im Katapult in Berlin-Oberschöneweide war ausverkauft. Ein ermutigender Erfolg für das Haus, das mit „Luna und der Zitronenbaum“ seine erste Eigenproduktion auf die Beine gestellt hat. Bislang stellte das Haus ausschließlich Räume und Bühne für von verschiedenen Künstlern selbst produzierte Stücke bereit.
„Luna und der Zitronenbaum“ ist ein gelungenes Debüt des Katapults. Warum nicht im nächsten Jahr zu „Zeit für Zirkus“ ein zweites Kinderstück produzieren? Von denen darf der zeitgenössische Zirkus gern mehr haben. Vielleicht ist unter ihnen dann eines, das in ferner Zukunft zu einem Klassiker des Kinderzirkus wird. So wie „Peter und der Wolf“ zu einem Klassiker der Kindermusik geworden ist.
Andrei Schnell