Schauspiel Köln öffnet seine Türen für den Zeitgenössischen Zirkus

Zeit für Zirkus 2025

Schauspiel Köln öffnet seine Türen für den Zeitgenössischen Zirkus

Swantje Kawecki

Im Rahmen des Festival Zeit für Zirkus zeigt die Kölner Kompanie Hipana.Maleta ihr Stück „Runners“ und erntet Standing Ovation. Zwei Männer in bunten Adidas-Jacken, lässigen schwarzen Hosen, weißen Sneakern und jeweils einer Trinkflasche in der Hand betreten die Bühne. Vorn angekommen gehen sie in Position, als stünden sie vor einem Wettrennen. Es verspricht sportlich zu werden.

"Mit Runners bringt Hipana.Maleta ein Stück auf die Bühne, das mit choreografisch ausgefeilten Dialogen aus Balljonglage, Liebe zum Detail, präzise gesetzter Komik, beeindruckender Musikalität und feiner Selbstironie das Publikum von der ersten Minute an für sich gewinnt."
(Foto: Alex Alliso, Hippana.Maleta)

Wenn Zirkus Theaterbühnen erobert

In der Mitte sitzt bereits der Musiker Moisés Mas García auf seiner Cajón und wartet auf die beiden. Langsam hebt er die Hand, zieht die Geste in die Länge. Die Spannung ist kaum auszuhalten. Dann endlich der Schlag und die beiden Jongleure liegen auf dem Boden, als hätte ihnen jemand die Füße weggezogen. Das Eis ist gebrochen, das Publikum lacht, mich eingeschlossen.

Für die Kölner Zirkusszene ist es ein besonderer Abend: Zum ersten Mal wird zeitgenössischer Zirkus im Schauspiel Köln gezeigt. Die junge Kunstform kämpft seit einiger Zeit um mehr Sichtbarkeit und darum, neue Bühnen und Räume für sich und ihre Künstler:innen zu erschließen. Bühnen wie das Schauspiel Köln eröffnen dafür mit ihrer Position in den Darstellenden Künste wichtige neue Möglichkeiten. Es bringt zeitgenössischen Zirkus Theaterbesucher:innen näher, und zeigt, wie diese Kunstform auf etablierten Bühnen wirken kann. Erfahrungsgemäß wird „Zirkus“ in Deutschland noch immer überwiegend mit traditionellen Formen oder Varieté-Abenden verbunden, weniger mit den Bühnen von Tanz- und Theaterhäusern. Dabei hat sich die Zirkuslandschaft in den vergangenen Jahren enorm erweitert. Bis sich dieses Bild ergänzt, dauert es seine Zeit.

Humor, Tempo und Präzision: „Runners“ in Bewegung
 
Aber zurück zu Hipana.Maleta und „Runners“. Die Jongleure Jonas Schiffauer und Alex Alison stehen sich gegenüber, ihre Füße auf den Rändern zweier Laufbänder rechts und links auf der Bühne. Dahinter, zentral in der Mitte, steht Multiinstrumentalist Moisés Mas García am Mischpult. Spannung liegt in der Luft. Dramatisch, fast wie in einem alten Westernfilm, schließen Jonas und Alex nacheinander ihre bunten Jacken und präsentieren mit einem Hauch Selbstironie ihren Ehrgeiz.

 
Ein hohes „Peep“ schneidet durch die Stille. Langsam laufen die Bänder an, werden schneller, lauter und bald beunruhigend rasant. Jonas streckt auffordernd die Hand Richtung DJ-Pult, den Blick fest auf Alex gerichtet. Die Antwort kommt sofort: Ein weißer Jonglierball fliegt durch den Raum. Schiffauer fängt ihn im Sprung, landet direkt auf dem Laufband und das Rennen beginnt.
 
In ihrer Dynamik erinnern Jonas Schiffauer und Alex Allison, an das Komiker-Duo Stan Laurel und Oliver Hardy. Gemeinsam mit Moisés Mas García, der nicht nur am Mischpult agiert, sondern auch mit den Jongleuren und den Objekten auf der Bühne interagiert und sogar selbst mit dem Saxophon aufs Laufband steigt, verkörpern sie eine humorvolle und zugleich stichelnde Beziehung.
 
Doch auch die ernsten Situationen sind Teil des Geschehens. Was eben noch an Kinder erinnerte, die mit ausgestreckten Beinen unter einem Laufband sitzen und Türme aus Bällen bauen, verändert sich das Bild im nächsten Moment hin zu einem Augenblick zweier Fabrikarbeiter am Fließband.
 
Mit Runners bringt Hipana.Maleta ein Stück auf die Bühne, das mit choreografisch ausgefeilten Dialogen aus Balljonglage, Liebe zum Detail, präzise gesetzter Komik, beeindruckender Musikalität und feiner Selbstironie das Publikum von der ersten Minute an für sich gewinnt. Am Ende des Abends steht das Publikum applaudierend und bewegt für die drei Künstler des zeitgenössischen Zirkus.  

Swantje Kawecki

*Dieser Beitrag ist Teil der Berichterstattung zu ZEIT FÜR ZIRKUS – ZEIT ZUM REDEN, organisiert vom Bundesverband Zeitgenössischer Zirkus e.V. und gefördert vom Fonds Darstellende Künste und dem Kulturamt der Stadt Köln.