Pli | Inbal Ben Haim | ATOLL Festival 2022 | Karlsruhe
Eine Zirkusartistin und zwei bildende Künstler treffen sich auf dem Papier. Dieses Jahrtausende alte Rohmaterial hat mehrere Identitäten angenommen. Vom leeren Blatt über den zerknitterten Entwurf bis hin zu diesem Blatt, in Ihren Händen trägt Papier unsere innersten Gedanken und universellen Wahrheiten in sich: Es ist Zeuge des Alltags und unserer Tagträume, unserer Teamarbeit und unserer Individualität, unserer Kultur und unserer Geschichte. Durch das Prisma des Zirkus betrachtet, wird Papier ein faszinierender Spielplatz voller Überraschungen, Herausforderungen und Hörerlebnisse. Es findet ein einzigartiges Gespräch zwischen dem schwebenden Körper und dem Papier statt, das zum Seil geworden ist, auf und an dem der menschliche Körper hängt. Ist dieses Material, das uns so zart erscheint, wirklich so schwach? Kann Schwäche ungeahnte Stärken beherbergen? Was ist verletzlicher, der aufgehängte Körper oder das Papier? Zwischen Körper und Papier, dem Boden und der Luft tauchen die Zuschauenden in eine Landschaft ein, die sich ständig verändert, aufgebaut, abgerissen und wieder aufgebaut wird. Schicht für Schicht reisen der Körper und das Papier zusammen in eine Metapher unserer sich verändernden Welt, einem Bild fesselnder Schönheit und beunruhigender Gefahr, einem poetischen Ausdruck des Lebendigen, unter dem Eindruck seiner Verletzlichkeit und seiner Fähigkeit zur Verwandlung.
ATOLL Festival 2022 | Karlsruhe
Mit rund 100 Künstlerinnen und Künstlern aus zwölf verschiedenen Nationen feiert das ATOLL Festival für zeitgenössischen Zirkus vom seine siebte Ausgabe. Der Austausch zwischen den Generationen, die Sorge um Ressourcen und das Verhältnis von Mensch zu Objekt sind Hauptthemen der 20 Kompagnien und Künstlerkollektive des diesjährigen Festivals, das mehr als vier Dutzend Vorstellungen in Sälen, Zelten und im Freien bietet. Auch 2022 zeigt ATOLL die gesamte Bandbreite der aktuellen Zirkuskunst auf, die von intimen zirzensischen Momenten bis zu aufwändigen Großproduktionen reicht.
Foto: Domitille Martin