Zirkus ONstage Festival feiert fünf Jahre Bündnis

Berlin

Zirkus ONstage Festival feiert fünf Jahre Bündnis

Im Berliner Pfefferberg Theater feiert das Bündnis Zirkus On sein fünfjähriges Bestehen mit dem ersten eigenen Festival. Elf Shows richten sich an ein breites Publikum, das Fachpublikum lädt das Zirkus ONstage Pro Festival zu Diskussionsrunden ein. Vernetzung und Präsentation stehen im Mittelpunkt der drei Festivaltage.

Zirkus ONstage Festival
"Britt Timmermans, Mario Kunzi und Tijs Bastiaens sind Knot on Hands" (Foto: Andrei Schnell)

Die Grüne Woche, die Funkausstellung, die Internationale Tourismus-Börse ITB – Messen, die sich sowohl an ein Fachpublikum als auch an die breite Öffentlichkeit richten, sind in Berlin Magneten. Auch das

Zirkus ONstage Pro Festival

, das vom 02. bis 04. November im Berliner Pfefferberg Theater und im Pfefferberg Haus 13 gastiert, setzt ebenfalls auf das Konzept, Fach- und Laienpublikum gleichermaßen anzuziehen. Während sich zu den elf präsentierten Shows alle Freund:innen des Zeitgenössischen Zirkus eingeladen fühlen dürfen, richten sich die Fachgespräche, Diskussionen und Netzwerktreffen an Vertreter:innen von Institutionen der Zirkusszene.

 

Zirkus ONstage Festival
„Xenia Bannuscha, Tim Behren und Ueli Hirzel im Gespräch mit Andree Wenzel" (Foto: Andrei Schnell)

Am Eröffnungstag des Festivals überwiegen zwei Eindrücke. Erstens: Nein, früher war nicht alles besser. Und zweitens: Ganz am Anfang zu stehen, scheint beim Zirkus ein immerwährendes Begleitgefühl zu sein. Ein Beispiel: Am Donnerstag (02.11.) gegen 21 Uhr sitzen Ueli Hirzel, Tim Behren und Xenia Bannuscher auf der Bühne des Theatersaals. Sie werden von Moderator Andree Wenzel als Vertreter:innen dreier Generationen befragt. Der 74-jährige Ueli Hirzel spricht davon, wie seine Generation „aus den Häusern rauswollte, hin zum Publikum wollte, aber nicht wusste wie″. Gelder habe es nie gegeben, ohne Selbstausbeutung habe nichts funktioniert. Eindrücklich schildert der Gründer des Zirkus Aladin, wie in den 1980er Jahren jeglicher Förder-Nährboden unter seinen Füßen fehlte. Klar wird bei seinen Worten: Früher war es auf keinen Fall besser. Aber auch die 28 Jahre junge Xenia Bannuscher fühlt sich alles andere als im gemachten Nest. Dabei haben sich mittlerweile Strukturen entwickelt und Zirkusschulen bieten heute Fächer wie Entrepreneurship. „In Deutschland werden die Strukturen besser″, sagt Xenia Bannuscher von der Company Sinking Sideways. Wobei das Verb werden verrät, dass die Strukturen noch nicht bestens sind.

In gewisser Weise (wenn auch anders als Ueli Hirzel) weiterhin am Anfang zu stehen, das trifft aus Sicht von Christine Ritter für den Zeitgenössischen Zirkus weiterhin zu. Sie sagt, es sei noch viel politische Arbeit für die Gleichberechtigung des Neuen Zirkus neben anderen Künsten nötig. Sie beurteilt die Situation in Frankreich als deutlich besser, in Deutschland dagegen sei Selbstausbeutung nach wie vor ein steter Begleiter der Künstler:innen. Die Spielstättenleiterin des Pfefferberg Theaters und Vorständin im Bündnis Zirkus On sagt: „Netzwerk ist wichtig, um den Neuen Zirkus in Deutschland zu stärken″. Im Gespräch mit ihr lässt sichheraushören, dass das Zirkus ONstage Pro Festival ein Knoten im Netzwerk der Akteure sein soll.

Zirkus ONstage Festival
„Die Gäste werden von Moderator Andree Wenzel als Vertreter:innen dreier Generationen befragt." (Foto: Andrei Schnell)

Dennoch ist unbestreitbar, dass sich in den letzten Jahren und Jahrzehnten die Dinge gegenüber früher etwas verbessert haben. Die Verbesserungen sind auch der Arbeit des Bündnisses Zirkus On zu verdanken, das das Festival organisiert hat. Mit dem dreitägigen Zirkus ONstage will das Bündnis die Szene vernetzen, aber auch zeigen, welche Unterstützung es in den zurückliegenden fünf Jahren geleistet hat. So fördert Zirkus On Künstler:innen mit Residenzen, in denen sie ihre eigenen Stücke entwickeln können. Zum Beispiel Brace for Impact, das die Company Knot on Hands am Donnerstag zeigte. Die halbstündige Vorstellung zeigt ein minimalistisches Arrangement aus Tanz und Akrobatik. Drei Artist:innen sind allein auf einer schwarzen Bühne, ohne Objekte, ohne Kostüme, ohne Kulissen. Begleitet wird ihre Aufführung ausschließlich von einer zurückgenommenen Musik. In einem Moment der Stille wird das bewusst eingesetzte schwere Atmen zu einem starken Akzent innerhalb des Spannungsbogens, der ausschließlich mit Körperbewegungen erzeugt wird.

Als ein vorläufiger Höhepunkt im Spannungsbogen in der Geschichte des Bündnisses Zirkus On kann auch das Festival gesehen werden. Zirkus ONstage ist das erste Festival der seit 2018 bestehenden Initiative. Entstanden ist Zirkus On innerhalb des Bundesverbandes Zeitgenössischer Zirkus (BUZZ) und ist seit Ende 2021 ein eigenständiger Verein. Mit dem Festival will Zirkus On ein kleines Stück für bessere Zeiten beitragen.

Andrei Schnell